Aus aktuellem Anlass eröffne ich dieses Thema. Ich möchte eigentlich keine Pro- und Kontra-Diskussion, sondern erhoffe mir einfach Eure Gedanken zur Thematik.... Ich bin letzte Nacht lange wachgelegen und habe die Erlebnisse der letzten Tage durch meinen Kopf gewälzt. Die Meerschweinchen, welche ich in über 40 Jahren habe einschläfern lassen, kann man, wenn nicht an einer, so ganz bestimmt an zwei Händen abzählen. Die meisten meiner Tiere dürfen eines natürlichen Todes sterben. Ich bin überzeugt, dass es einige unter Euch gibt, die unser gestriges Handeln nicht nachvollziehen können - und das akzeptiere ich. Es gibt auch hier nicht nur schwarz und weiss. Ich versuche immer, so gut es geht, mich als Menschen in den Hintergrund zu stellen und ans Tier zu denken. Es ist in meinen Augen manchmal nämlich einfacher, ein Schweinchen zu "erlösen", um sein langsames Schwächerwerden und Sterben nicht miterleben zu müssen. Wenn ein Tier leidet, wenn es Schmerzen hat, wenn es sein Fressen einstellt... da denke ich, ist ein schnelles Loslassen fair und richtig. Solange das Schweinchen aber noch Lebensmut zeigt, frisst, rennt, das Dasein geniesst... denke ich, habe ich nicht das Recht, es zu töten. Ich habe auch schon mehrmals erlebt, dass ein Meerschweinchen langsam schwächer, leichter, kleiner wurde (meist bei alten Tieren), von seinen Rudelkollegen aber ganz selbstverstänlich mitgetragen wurde und dann irgendwann einmal irgendwo im Stall oder im Auslauf eingeschlafen ist - für mich trotz des Verlustes immer das "schönste Erlebnis" (wenn man das so nennen darf). Ich mache aber auch die Erfahrung (zum Teil im Gespräch mit Kunden oder Kolleginnen), dass das Zusehen oft schwer zu ertragen ist und dann schon mal gerne eine "Erlösung" fürs Tier vorgeschoben wird, um sich nicht länger mit dem Sterben befassen zu müssen. Ob dann wochen- oder monatelange Behandlungen für ein Tier Segen oder Tortur bedeuten, darüber liesse sich auch noch diskutieren (wäre wahrscheinlich Stoff für einen weiteren Thread...) - da gibt es für mich auch Grenzen. Wenn ich aber nun unseren MUFFI anschaue und beobachte - mit seiner nach wie vor überzeugenden Lebensenergie - bin ich dankbar, hat uns unser Tierarzt davon überzeugt (ja, schlussendlich war er es...), MUFASA noch eine letzte schöne und beschwerdefreie Zeit zu gönnen... auch wenn sie von uns Zweibeinern möglicherweise noch eine gehörige Portion Kraft und Ertragenkönnen fordern wird... Ich wünsche Euch allen einen (in jeder Hinsicht) vielfarbigen Tag! Anna
Liebe Anna, genauso sehe ich es auch. Und ich finde immer wieder, dass die Augen des Tieres einem sagen, was man zu tun hat. Und sie sprechen auch mit einem, mit Gesten oder speziellem Verhalten, wie Blitzi, die, als sie ihre Ruhe haben wollte, wütend in die Seitenwand eines Unterstandes biss. Natürlich ist es am schönsten, wenn ein Tier friedlich in seiner Gruppe einschlafen kann, aber das ist ja leider nicht allen vergönnt. Die Euthanasie ist ein tröstlicher Gedanke, ein Halt, um einem anderen Lebewesen Qualen zu ersparen. Ich habe 5 Jahre meine bettlägerige Oma gepflegt, wie oft habe ich mir da gewünscht, dass die Sterbehilfe ganz offiziell erlaubt ist, denn Oma litt. So, wie Du Mufasa`s Verhalten beschreibst, geniesst er doch sein Leben, trotz der riesigen Geschwulst, sie scheint ihm keine Beschwerden zu machen. Warum ihn denn nicht geniessen lassen? Wenn er beginnt zu leiden, steht ihr parat und handelt sofort. Du hast soviel Erfahrung, da findest Du den richtigen Zeitpunkt. Er braucht ja auch keine Behandlungen, er kann einfach seinen Lebensabend geniessen mit Liebe und Verwöhnung, besser kann es doch gar nicht sein. Ich finde Tumordiagnosen eigentlich gnädig, wenn nicht operiert werden kann, dann einfach nur geniessen und beenden, wenn es quälend wird. Weil man selbst den Schmerz nicht aushält, ein Lebewesen einschläfern zu lassen, fände ich nun auch egoistisch. Ich habe es bei Caro genossen, ihr endlich ungesunde Leckerchen geben zu dürfen, Mangold, Petersilie, ohne auf Calcium oder Oxalsäure achten zu müssen, Obst, Knabberkolben. "So Süsse, nun machen wir aber einen drauf!" Wir haben Tag für Tag gefestet Übrigens verstehe ich Larissa`s Reaktion der Wut vollkommen, mit Wut kann man leichter umgehen wie mit Schmerz. Ich drücke die Daumen, dass sie in den nächsten Tagen ihren Muffi wieder ganz normal geniessen kann, ohne immer an einen Abschied zu denken. Ich wünsche Euch eine heitere (ich weiss, tönt komisch, aber Du weisst bestimmt, was ich meine) Abschiedszeit.
Liebe Anna, das ist ein sehr interessantes und schwieriges Thema. Ich denke, es gibt dabei kein falsch und richtig. Es ist ja auch immer ein ganzes "System" invoviert, bestehend aus dem kranken Tier, seinem Rudel, den "Futterspendern" und dem Tierarzt . Ich glaube, niemand fällt so einen Entschluss leichtfertig. Ich musste (?) bis jetzt zwei Meerschweinchen einschläfern lassen. Das erste war Maya. Sie war erst gut 2 Jahre alt und hatte einen grossen Abszess am Kiefer. Die TÄ hat den Abszess zuerst gespalten, aber er hat sich dann trotz AB schon nach einer Woche wieder mit Eiter gefüllt und ist aufgeplatzt. Dann meinte die TÄ, dass sie versuchen wird, den Abszess zu operieren. Sie hat mich dann während der OP angerufen (wie wir das abgemacht hatten). Der Abszess war stark mit dem Kiefer verwachsen. Wir sahen dann beide keinen Sinn mehr darin, Maya nochmal aufwachen zu lassen. Ihre Prognose wäre sehr schlecht gewesen, und ihr "Rest des Lebens" mit grossen Schmerzen und Schwierigkeiten mit Essen verbunden. Ich habe auch bewusst jedesmal, bevor ich mit Maya zur TÄ ging, den Kindern gesagt, sie sollen sich von Maya verabschieden, weil ich nicht versprechen kann, dass ich sie wieder heimbringe. So war das dann halt ein sehr abrupter Abschied von Maya. Das zweite Meerschweinchen war Flöckli. Sie war während mehr als einem halben Jahr nicht mehr richtig gesund. Es ging immer wieder auf und ab, aber insgesamt halt doch immer weiter runter. Die TÄ vermutete, dass Flöckli eine Art Hinrtumor hatte. Sie hatte immer wieder Schübe mit starken Gleichgewichtsstörungen und Lähmungserscheinungen. Es ging ihr mehrmals ganz schlecht, und ich habe mehrmals lange mit der TÄ gesprochen, ob wir sie erlösen sollen. Die TÄ hat mich einmal gefragt, wie das für die Kinder sei, das Auf und Ab. Sie fragte mich: ist es für die Kinder wichtig, dass das Tierchen möglicht lange lebt, oder ist es für die Kinder wichtig, dass die Leidenszeit ein schnelles Ende hat, weil sie es schlecht ertragen? Ich sagte ihr dann, dass die Kinder beides durchaus verkraften, und dass es wirklich nur um Flöckli selber geht. Das tönt jetzt wahrscheinlich blöd, aber ich hätte mir damals sehr gewünscht, dass Flöckli selber stirbt. Sie war nur noch ein Hämpflein, hat aber immer Heu und auch CC/BBB gefressen. Und da es ihr jeweils plötzlich unerwartet wieder besser ging, und sie wieder durchs Gehege wuselte, bestand immer wieder Hoffnung, dass sie sich doch wieder erholt. Schliesslich haben wir sie dann aber doch eingeschläfert. Eine wirkliche Besserung war halt dann doch nicht mehr in Sicht, und insgesamt ging es halt doch immer schlechter. Mir tat auch ihr Kollege Moritz leid. Er hatte über eine lange Zeit keine wirkliche Partnerin, sondern war eigentlich allein, wenn es Flöckli schlecht ging. Für Moritz hätte ich gerne ein drittes Schweinchen dazugesetzt, aber dem kranken Flöckli konnte ich eine Vergesellschaftung wirklich nicht zumuten. (Jetzt haben wir eine Dreiergruppe, Moritz mit zwei Weibchen.) Es ist mir damals sehr schwer gefallen, den Entscheid zum Erlösen zu fällen, und auch der TÄ ist es schwer gefallen. Ich denke, es gibt nicht richtig oder falsch. Man muss zu einer Entscheidung kommen, zu der man stehen kann. Jemand anders, ein anderes "System", hätte vielleicht anders entschieden, ohne dass das eine richtig und das andere falsch ist. Die Situation "Haustier" ist halt immer etwas künstlich. In der Natur hätte Maya wohl länger gelebt als bei mir, und wäre schlussendlich wohl mit Schmerzen verhungert. Flöckli aber wäre wohl schon beim ersten Krankeitsschub gestorben. Entweder, weil sie nicht aus dem Unterschlupf zum Fressen ging und verhungert wäre, oder weil sie nicht schnell genug flüchten konnte beim Fressen. Ich denke, man soll die Entscheidung "Einschläfern" nicht leichtfertig oder überstürzt fällen, und mit Partner, andern nahestehenden Personen und TA gut besprechen. Wenn man sich aber mal entschieden hat, dann bringt es nicht viel, wenn man es ständig wieder hinterfragt, weil es halt nicht nur eine richtige Entscheidung gibt. Ich finde, ihr habt euch sehr überlegt entschieden, warum ihr Muffi nicht eingeschläfert habt. Dann ist das sicher richtig so für ihn und für Euch. Und wenn es ihm schlecht gehen würde, dann reagiert ihr ja. Eine andere Familie hätte vielleicht anders entschieden und ihn nicht mehr aufwachen lassen, und sie hätten sich das auch gut überlegt, an das Tierchen gedacht und nicht leichtfertig gehandelt. Ich wünsche Dir viel Mut, dass du vorwärts schauen kannst. Kümmere dich um Muffi und deine Tochter und zermartere dir nicht das Hirn, ob du anders hättest entscheiden sollen. Es gibt nicht nur einen richtigen Weg im Leben, sondern verschiedene Möglichkeiten. (Das ist jedenfalls das, wovon ich überzeugt bin!) Alles Gute auf eurem weiteren Weg! Gruess Marie
Liebe Anna Das ist der Fluch der Entscheidungsmöglichkeit. Als Aussenstehender beurteilt man die Lage oft distanzierter und kann auch schneller urteilen (Fussballspiele werden schliesslich auch auf der Tribüne gewonnen ). Du hast sehr viel Erfahrung. Diese Erfahrung gibt dir eine Sicherheit, dass du die Situation sachlich beurteilen kannst. So wie du es schilderst, hätten wir wahrscheinlich gleich entschieden. Der Patient hat keine Schmerzen, isst normal, hat für sein Alter ein gutes Gewicht - kurzum der Allgemeinzustand ist dem Alter entsprechend sehr gut. Wir mussten bis jetzt wenige Meeries einschläfern lassen. Es traf uns dieses Jahr jedoch erstmals gleich dreimal. Am schwersten fiel uns die Entscheidung bei Homer und Chica. Wir wissen noch heute, dass wir im Sinne und zum Wohle für die beiden entschieden haben, hätten uns aber gewünscht, dass sie eines Tages einfach einschlafen. Dieser Wunsch wurde uns nicht erfüllt. Geniesst die kommenden Tage, Wochen, Monate und ich wünsche Euch, dass er einfach einschlafen darf. Gruss Jasmin