Geburtsrisiken bei "späten Müttern" (Erstgebärende)

Dieses Thema im Forum "Nachwuchs" wurde erstellt von Priska, 22. Februar 2014.

  1. Priska

    Priska Prominenter Benutzer

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    Thema abgesplittet aus diesem Thread hier (Californias):

    Hoi zäme

    Wir haben heute Weiterbildung gehabt mit Christian, und ich habe ihn ausführlich ausgefragt über die Cuy-Mischlinge mit der schönen California-Zeichung.

    Doch, gemäss Christian gibt es kleine und grosse Meerschweinchen in Peru.



    Offensichtlich ist das kein Problem in der Praxis - Christian hat sowohl grosses W mit kleinem M verpaart als auch umgekehrt.
    Und die California-Cuys sind auch nicht soooo gross (etwa 1.5 kg)
    Eine der Kaninchenzüchterinnen hat mir bestätigt, dass man auch bei den Kaninchen kleine Weibchen mit grösseren Böcken decken kann, ohne dass es Probleme gibt, weil sich die Grösser der Babys den Gegebenheiten der Mutter anpasst.
    Scheint also nicht gar so dramatisch zu sein, wie wir uns das vorstellen!

    Und offenbar ist ja auch die Verknöcherung der Beckenknochen der Meerschweinchen-Weibchen mittlerweile widerlegt.....

    Gruss
    Priska
     
  2. Aika

    Aika Administrator Mitarbeiter Admin

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    Es handelt sich dabei nicht um eine "Verknöcherung", wie das häufig genannt wird, sondern die Bänder des Beckens verlieren mit zunehmendem Alter immer mehr an Elastizität.
    Auch wenn Hormone vor der Geburt die Bänder sich lockern lassen, genügt das bei älteren Schweinchen eben nicht mehr für die übergrossen Nestflüchter.
    Kaninchen, Mäuse, Katzen, alle Nesthocker haben dabei viel weniger Probleme als die Meerschweinchen mit ihren "riesigen" Nestflüchtern.

    Deshalb ist nach wie vor davor zu warnen, ältere Schweinchen (über 1 Jahr) noch decken zu lassen für eine Erstgeburt und sicher auch nicht eine kleine Sau von einem grossen Bock oder sogar Cuy decken zu lassen. Das wäre in meinen Augen russisches Roulette... kann gut gehen, kann aber auch ganz gewaltig schief gehen auf Kosten der Tiere.
     
  3. Priska

    Priska Prominenter Benutzer

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    Offenbar stimmt auch das nicht - gemäss aktueller Forschung kann ein Meeriweibchen üblicherweise ein Leben lang die Schambeinfuge öffnen.
    Wie auch bei andern Tierarten gibt es ab und zu Komplikationen, aber das Becken verliert nicht grundsätzlich die Fähigkeit, Jungtiere passieren zu lassen.
    (Auch wenn man all die "Unglücksfälle" anschaut, von denen ich in den letzten fünfzehn Jahren gehört habe, wo ein Bock ein zu altes Weibchen gedeckt hat: Es ist vorgekommen, dass ein Kaiserschnitt notwendig war, aber das kommt ja auch vor bei Weibchen die bereits geboren haben - aber die allermeisten Weibchen haben so eine Geburt unbeschadet überstanden....)

    Natürlich ist es trotzdem sinnvoller, ein Weibchen vor einem Jahr zu decken (weil es in der Natur ja immer sehr früh trächtig würde), aber offenbar ist die grundsätzliche Panik fehl am Platz...

    Gruss
    Priska
     
  4. Aika

    Aika Administrator Mitarbeiter Admin

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    Das eine ist die medizinische Theorie (ja, durch Hormon-Einwirkung werden Bänder locker), das andere die vielen negativen Ereignisse von "alten Müttern", von denen man immer wieder liest.

    Wie Du schreibst, würden sie in einem "Natur-Rudel" mit Bock natürlich schon sehr früh gedeckt, somit ist es unnatürlich, wenn ein Meerschweinchen z.B. erst mit 2 Jahren gedeckt würde, was viel zu spät ist aus anatomischer Sicht.

    Das grundsätzliche Problem von Meerschweinchen im Gegensatz zu allen andern "gängigen" Haustieren wie Hund, Katze, Kaninchen ist eben, dass Meerschweinchen riesengrosse Nestflüchter zur Welt bringen (Chinchillas und Degus sind zwar auch Nestflüchter, sind aber weniger verbreitet als Meerschweinchen).

    Deshalb vergessen viele Halter immer wieder, dass ein riesengrosser Unterschied besteht zwischen einer Meerschweinchen-Geburt und einer Kaninchen- oder Katzengeburt.

    Ob Panik oder nicht Panik: Es ist hochgradig bedenklich und dringend davon abzuraten, allzu sorglos Meerschweinchen mit 2 Jahren erstmalig decken zu lassen oder sie fröhlich mit grossen Cuys oder Cuy-Hybriden zu verpaaren.
     
  5. Priska

    Priska Prominenter Benutzer

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    Im Gegensatz zu all den andern Tieren, die verwachsene Schambeinknochen haben, kann aber eben das Meerschweinchen diese "auseinanderklappen" für die Geburt. Und diese Fähigkeit geht ganz offensichtlich nicht mit einem Jahr verloren. (Offenbar gibt es in D Züchter/innen, die in den letzten Jahren regelmässig die Weibchen ausgestellt haben, und erst mit gut einem Jahr das erste Mal zur Zucht verwendet haben - völlig ohne Probleme....)

    Ich finde ja schon ok, wenn man vorsichtig ist.
    Aber es auch sinnlos, wenn man alte Ammenmärchen einfach unbesehen jahrzehntelang weiterverbreitet.
    Und ganz offensichtlich haben wir das gemacht.
    Ich werde nach wie vor den Leuten sagen, dass sie nicht ältere Weibchen decken lassen sollen - aber offensichtlich ist die Panik nicht ganz so vonnöten.
    Und allein die Tatsache, dass es in Peru ganz unterschiedliche grosse Meerschweinchen gibt in den gleichen Gruppen, spricht ja schon dafür, dass die Natur da Vorkehrungen getroffen hat.
    (Weiss jemand, wie das bei Hundemischlingen ist? Da gibt es ja auch ganz seltsame Kreuzungen, bei denen man annehmen müsste, es könne nicht gehen....)

    Ich habe selber kaum Experimente gemacht - in meiner Statistik gibt es genau ein altes Weibchen mit Geburtskomplikationen und als Ausgleich genau ein erfahrenes Zuchttier, bei dem ein Kaiserschnitt nötig ist - statistisch hebt sich das also auf.

    Gruss
    Priska
     
  6. Aika

    Aika Administrator Mitarbeiter Admin

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    Nein, das sagt ja auch niemand. Wenn ein Weibchen halt bereits 1 Jahr alt ist beim erstmaligen Decken und bei der Geburt dann somit ca. 15 Monate alt, so ist das vermutlich auch noch nicht besonders riskant.

    Aber die Dehnbarkeit der Bänder nimmt mit steigendem Alter immer mehr ab, wohl ungefähr ähnlich wie bei der viel diskutierten Kastrations-Frist... es ist halt ein statistisches Risiko, wo genau die Grenze liegt, weiss niemand. Deshalb nimmt man zur Sicherheit halt 1 Jahr als Obergrenze für die erste Geburt und 6 Wochen als Wartefrist nach Kastration.

    Das Beispiel mit unterschiedlich grossen Tieren in Peru können wir nicht als Unbedenklichkeits-Hinweis nehmen, denn die Tot-Geburten und die verendeten Mütter kennt niemand. Die toten Tiere werden ja nicht am Gehegerand aufgereiht, damit man eine Statistik dazu erstellen kann.

    Es ist schlichtweg "survival of the fittest"... mehr nicht.
     
  7. Priska

    Priska Prominenter Benutzer

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    Aber genau das ist etwas, das mir eben schon seit Jahren unlogisch ist:
    Wenn die Dehnbarkeit mit dem Alter abnehmen würde, hätten ja grundsätzlich alle alten Weibchen Probleme beim Gebären - und das stimmt ja definitiv nicht.
    Früher war es üblich, Zuchtweibchen bis dreieinhalb- oder vierjährig zur Zucht zu nutzen, und die hatten diesbezüglich nicht mehr Problem als die jungen Zuchtweibchen (mit Toxikosen schon, abhängig von ihren Massen.....)
    Und es ist ja auch nicht so, dass die Schambeinfuge bei der ersten Geburt aufgeht, und nachher offen bleibt. Die geht vor jeder Geburt auf und nachher wieder zu, um dann bei der nächsten Geburt wieder aufzugehen.
    Seit es so "in" ist, das mit der Schambeinfuge vor der Geburt zu überprüfen, habe ich mich schon manche Male gewundert, wie das passt zur Theorie mit der früh nötigen Geburt (und dass ein Weibchen, das lange keine Jungtiere gehabt hat, diesbezüglich Probleme macht, stimmt nämlich auch nicht - das habe ich selber schon ausprobiert...)

    Gruss
    Priska
     
  8. Aika

    Aika Administrator Mitarbeiter Admin

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    Gemäss meinem Verständnis, Beobachtungen und Anatomie-Kenntnissen haben "junge Bänder" eine höhere Dehnbarkeit als alte.
    Das heisst, bei einer Erstgeburt werden die Bänder gedehnt, gehen danach aber nicht mehr zurück zur alten Ausgangslage wie bei einem Weibchen, das noch nie Junge hatte.
    Deshalb können Zuchtmädels mit regelmässigen Geburten sicher bis ca. 4 Jahren noch problemlos gebären, falls man das wirklich will, weil ihre Bänder durch mehrere Geburten ja schön gedehnt worden sind.
    Das sieht man dann so alten Zuchtmädels auch an, dass sie ziemlich "ausgeleiert" sind am Bauch und Becken.

    Dasselbe Phänomen kennt man von Kunst-Turnern oder Akrobaten: Die können ihre Körper auch im höheren Alter noch wunderbar dehnen und verbiegen, dass man nur staunen kann.
    Auch bei denen sind eben alle Bänder durch jahrelanges Training regelmäsisg gedehnt worden und geschmeidig. Andere Menschen ohne solch ein Training schaffen diese Verbiegungen nicht, auch wenn sie jünger sind als die Akrobaten.

    Genauso ist es bei Meerschweinchen. Durch die Geburten werden die Bänder gedehnt und bleiben elastisch, ohne Geburten bleiben sie fest und straff.
    Ob die gefährliche Obergrenze bei 1.5 Jahren oder bei knapp 2 Jahren liegt, weiss wohl niemand, ist sicher auch individuell verschieden.
     
  9. Anabel

    Anabel Moderator Mitarbeiter Admin

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    Hallo Zusammen

    Ich mische mich jetzt auch noch ein, obwohl ich erst 2mal erleben durfte, dass ein Weibchen bei uns geboren hat. Beide waren älter und zufälllig trächtig. Es ging gut; obwohl damals die Verknöcherung noch ganz aktuell diskutiert wurde.

    Mir leuchten die jüngeren, aktuelleren Erläuterungen gut ein. Die Möglichkeit der Eröffnung des Beckens hat mit dem Knochen zu tun. Ich wage den Vergleich zum Zweibein (schlagt mich nicht gleich tot). Hat eine Frau geboren, ist dies doch m.W. am Becken sichtbar, auch wenn das Kind mittels Kaiserschnitt zur Welt kam. Das Becken ist ja grundsätzlich nicht nur zur Fortbewegung da, sondern auch zur Fortpflanzung.

    Ich denke auch, dass ich nicht mehr so vehement auf den Faktor der Verknöcherung hin arbeite, sondern auch, dass grundsätzlich die junge Meerschweinchenmutter ihre Babies optimal austragen wird, da in diesem Fall die Versorgung während der Trächtigkeit besser gegeben sein dürfte.

    Da denke ich wie Priska: man muss neuen Erkenntnissen auch mal vertrauen und nicht an Mythen festhalten. Vorausgesetzt: die neuen Erkenntnisse sind wissenschaftlich untersucht.

    Gruss
    Jasmin
     
  10. Aika

    Aika Administrator Mitarbeiter Admin

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    Der Ausdruck der "Verknöcherung" hat sich schon vor Jahren als falsch herausgestellt, nur wird in vielen Foren und HPs noch immer fälschlicherweise von "Verknöcherung" geredet.
    Ich selber schreibe nie von Verknöcherung, denn es geht hier um die Bänder und ihre Dehnmöglichkeiten.

    Hier bin ich nach wie vor überzeugt, dass ein erstgebärendes Meerschweinchen mit 2 - 3 Jahren (oder älter) ein Hoch-Risiko darstellt und die Geburt eine unglaubliche Quälerei sein muss, selbst wenn es "gut" geht.
    Wenn dann sogar noch Cuys oder Cuy-Hybriden mit ins Spiel kommen, stehen mir die Haare endgültig zu Berge.
     
  11. Priska

    Priska Prominenter Benutzer

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    Es redet ja niemand davon, dass es sinnvoll ist, ein erstgebärendes Meeri 2 oder 3 Jahre alt oder älter werden zu lassen - mir ging es lediglich darum weiterzuerzählen, dass offenbar die Regel, ein Weibchen müsse zwingend vor dem ersten Geburtstag geworfen haben, offenbar überholt ist, und es problemlos auch noch mit 15 Monaten das erste Mal Junge bekommen kann (und man es somit eben in aller Ruhe auch erst ausstellen kann, auch als erwachsenes Tier, und es trotzdem noch zur Zucht verwendet werden kann).

    Gruss
    Priska
     
  12. Aika

    Aika Administrator Mitarbeiter Admin

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    Ja, bei diesem Gesichtspunkt stimme ich Dir zu. Das ist ja, wie ich oben schon schrieb, die Schwierigkeit, wo genau liegt denn der kritische Punkt, ab wann ist es "zu spät?" Mit 15 Monaten schon, erst mit 20 Monaten, evtl. sogar erst bei einem Zweijährigen? Je nach Körperbau, Ernährung und Vererbung ist auch das sehr unterschiedlich.

    Dann käme aber bereits ein weiterer Punkt für Geburtsrisiken hinzu, nämlich das Gewicht.
    Wenn ein Mädel kräftig wächst und mit 9 Monaten bereits 1 kg oder mehr wiegt, wird ja auch empfohlen, es sofort decken zu lassen (oder lieber noch vorher), um das Risiko einer Toxikose einzuschränken.

    Deshalb finde ich die simple Faustregel, einen ersten Wurf um den ersten Geburtstag herum zu planen, recht einleuchtend und einfach zu merken.

    Mir selber ist es im Grunde egal, weil ich nicht züchte und auch nicht plane, damit zu beginnen. Ich möchte nur Einsteigern oder "Möchte-Gern-Züchtern" einige einfach zu merkende Leitplanken geben können.
     
  13. Anabel

    Anabel Moderator Mitarbeiter Admin

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    Hallo

    Ich bin grundsätzlich gegen die Vermischung von Cuy oder Cuy-Hybriden, aber auch Verpaarungen mit Bsp Skinnies. Im weitesten Sinne eigentlich auch Versuche, um einmal Junge zu haben. Wer Verpaart, soll die notwendigen Kenntnisse haben.

    Bei uns sind 2 max. Halbjährige Weibchen angekommen. Beide haben bereits 1mal geworfen. Betrachte ich die beiden in der Gruppe, orientieren sie sich an meinen älteren. Die waren aus meiner Sicht einfach zu jung


    Von daher: lieber gegen 15 Monate. Zu alt hätte ich Bedenken betr. Versorgung der kleinen im Mutterleib.

    Ich züchte nicht, plane auch keinen Nachwuchs mit meinen Tieren.

    Gruss
    Jasmin